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Der Oberste Gerichtshof hatte sich im vergangenen Jahr in seinen Entscheidungen vom 16.03.2022 zu 2 Ob 25/22y und 26.04.2022 zu 2 Ob 29/22m sowie aktuell vom 22.11.2022 zu 2 Ob 170/22x erneut mit der Formgültigkeit eines aus mehreren Blättern bestehenden fremdhändigen – nicht selbst handschriftlich verfassten – Testaments zu beschäftigen. Die Entscheidungen sind äußerst praxisrelevant und stellen auch eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung dar.

Das sollten Sie wissen:

1. Allgemeines

Nach der gefestigten Rechtsprechung kann ein Testament, das nicht selbst handschriftlich verfasst wurde, nur dann als gültig anerkannt werden, wenn eine äußere oder innere Urkundeneinheit besteht.

2. Äußere Urkundeneinheit

Mit äußerer Urkundeneinheit ist die sichere Verbindung von mehrseitigen Dokumenten gemeint. Die Blätter können dafür geklebt, gebunden oder miteinander vernäht werden. So sollte erkennbar sein, ob Seiten entfernt oder hinzugefügt wurden.

Als unzureichend wird angesehen, wenn nur eine Büroklammer für die Verbindung verwendet (ua Entscheidung des OGH zu 2 Ob 192/17z, 2 Ob2 Ob 188/20s, 2 Ob 143/19x, 2 Ob 51/20v, 2 Ob 143/20y, 2 Ob 77/20t) oder wenn zwei lose Blätter in einem Kuvert verwahrt wurden (Entscheidung OGH zu 2 Ob 143/19x).

Hingegen bejahte der Oberste Gerichtshof in seiner aktuellen Entscheidung vom 16.03.2022 zu 2 Ob 25/22y, dass mit der Verwendung dreier seitlich angebrachter Heftklammern im Hinblick auf die Festigkeit der damit erzielten Verbindung an ein Binden, Kleben oder Nähen der einzelnen Blätter heranreicht, eine äußere Urkundeneinheit erreicht werden kann.

3. Innere Urkundeneinheit

Um (auch) eine innere Urkundeneinheit bei mehreren losen Blättern sicherzustellen ist – so der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.04.2022 zu 2 Ob 29/22m – ein vom Testator handschriftlicher und unterfertigter Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf die letztwillige Verfügung erforderlich. Die bloße Fortsetzung des Textes genügt hingegen bei einer nicht handschriftlich verfassten fremdhändigen letztwilligen Verfügung nicht zur Herstellung einer inneren Urkundeneinheit.

4. Der erforderliche Zusatz „Mein letzter Wille!

Ein fremdhändig verfasstes Testament ist zudem nur formwirksam, wenn der Erblasser seine eigenhändig geschriebene Bekräftigung, dass es sich beim Testament um seinen letzten Willen handelt (sogenannte Nuncupatio) daruntersetzt. Der Zusatz – als Beispiel –  „Mein letzter Wille“ muss objektiv lesbar sein.

In der aktuellen Entscheidung vom 22.11.2022 zu 2 Ob 170/22x ist zwar das erste Wort „Mein“ identifizierbar, hinsichtlich des zweiten Wortes steht jedoch noch nicht fest, ob das zweite Wort nur „Wunsch“ oder „Wille“ bedeuten kann oder ob es objektiv unlesbar geschrieben ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshof liegt im ersten Fall eine ausreichende Bekräftigungserklärung vor, im zweiten Fall sei das Testament jedoch unwirksam, weil wegen Unlesbarkeit kein ausreichender Erklärungsinhalt feststellbar sei, was zu Lasten der eingesetzten Erben gehe.*

Ob per Hand oder am PC geschrieben – es empfiehlt sich in jedem Fall, das Testament in das Testamentsregister der österreichischen Rechtsanwälte eintragen zu lassen bzw. das Testament auch beim Anwalt verwahren zu lassen. So kann Missverständnissen vorgebeugt und den Hinterbliebenen eine große Last von den Schultern genommen werden.

*Das Verfahren wird jedoch zur Behandlung der Beweisrüge vor dem Berufungsgericht fortgesetzt werden.

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