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Kleinere Streitigkeiten zwischen Nachbarn sind keine Seltenheit. Meist geht es um Lärm, Rauch oder eine Störung durch zu lange Baumäste oder herabfallendes Laub.

Doch wie verhält es sich, wenn durch die eindringenden Baumwurzeln am Nachbarhaus tatsächlicher Schaden entsteht?

Mit diesem konkreten Sachverhalt hatte sich der Oberste Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung vom 23.03.2022 zu 1 Ob 4/22b zu beschäftigen:

Die Streitteile sind Grundnachbarn. Auf dem Grundstück des Beklagten stand eine ca. 8 Meter hohe Blaufichte, die schon vor einigen Jahren Diskussionsthema zwischen den Nachbarn war. Damals wurde der Eigentümer auf die Gefahr von Sturmschäden durch den Baum aufmerksam gemacht und versicherte seinem Nachbarn die baldige Fällung des Baumes.

Dies passierte allerdings nicht.

Ein Jahr später bemerkte der Kläger Risse an mehreren Stellen seines Hauses und beauftragte zur Begutachtung einen Statiker. Dieser stellte fest, dass tatsächlich eine Wurzel des Baumes in ein offenes Rohr eingewachsen war, welches sich im Fundament des Hauses befand und vermutete einen Zusammenhang mit den Rissen.

Der Kläger teilte dies dem Beklagten mit, welcher wenige Tage später den Baum fällen ließ. Für den entstandenen Schaden begehrte der Kläger Schadenersatz.

Diese Klage wurde vom Obersten Gerichtshof allerdings abgewiesen.

Die Begründung:

Für den Beklagten war keine drohende Gefahr durch die Baumwurzeln erkennbar. Er war weder in Kenntnis darüber, dass sich im Fundament des Klägers ein offenes Rohr befindet, noch, dass eine Wurzel dort eingedrungen ist. Selbst aus der Sicht einer zur Straße hinauswachsenden Wurzel an der Oberfläche wäre das nicht abzuleiten.

Es bestand also nie eine Beseitigungspflicht für den Beklagten und er konnte entsprechend auch nicht dagegen verstoßen.

Doch wie stellt sich die Rechtsgrundlage bei Bäumen an Grundstücksgrenzen überhaupt dar und welche Rechte hat ein Nachbar?

  • Nachbarschafrechtliches Rücksichtnahmegebot

Allgemein gilt das in § 364 ABGB verankerte nachbarschaftsrechtliche Rücksichtnahmegebot, sodass die Ausübung der Rechte der Liegenschaftseigentümer nicht schrankenlos ist. Diesbezüglich kann man sich gegen Immissionen (z.B. Lärm, Rauch, Wärme, Licht, Abwasser oder Erschütterungen) grundsätzlich zur Wehr setzen, wenn diese das gewöhnliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. 

  • Eigentum & Selbsthilferecht

Bei Bäumen, die die Grundstücksgrenze überragen, gibt es genaue gesetzliche Regelungen. So gehen grundsätzlich Früchte des Nachbarbaumes, die auf das eigene Grundstück fallen, in das eigene Eigentum über. Auch sieht das Gesetz für überhängende Bäume und Sträucher ein Selbsthilferecht vor.

Insofern gilt grundsätzlich, dass Äste und Wurzeln eines Nachbarbaumes, die auf das eigene Grundstück ragen oder in dieses eindringen genau an der Grundstücksgrenze abgeschnitten werden dürfen. Dies hat jedenfalls zwingend unter möglichster Schonung des Baumes zu erfolgen.

Im Sinne einer guten Nachbarschaft sollte das jedoch nur im Einvernehmen bzw. von einer fachkundigen Person durchgeführt werden.

Ein nicht fachgerechter Schnitt und damit verbundene Schäden an der Pflanze könnte nämlich wiederum zu Schadenersatzansprüchen des Eigentümers führen.

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