Die Ausübung von Kontakt-/Kampfsportarten wie Fußball, Eishockey, Fechten, Judo oder Ringen geht oft mit Verletzungen einher. Doch was passiert, wenn beispielsweise ein Fußballspieler, der sich durch ein Foul während eines Spiels verletzt hat, nun Ansprüche wie Schmerzengeld, Behandlungskosten oder ein Haftungsanerkenntnis für Spät- oder Dauerfolgen geltend machen möchte?
Wie so oft kann diese Frage nicht mit einem simplen Ja oder Nein beantwortet werden, denn für eine abschließende Entscheidung müssen zahlreiche Faktoren wie auch das „Sporthaftungsprivileg“ berücksichtigt werden.
Sporthaftungsprivileg – was ist das?
Entwickelt anhand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist dieses auch bekannt als das „Handeln auf eigene Gefahr des Sportausübenden“. Dies kommt auch dann zum Tragen, wenn beim Sport eine Verletzung durch einen verbandsinternen Regelverstoß eintritt.
Zurück zum Beispiel mit dem Fußballer:
Stellt ein hart geführter Zweikampf mit Verletzungsfolge ein zivilrechtlich rechtswidriges Verhalten dar und gibt es die Möglichkeit Ansprüche – auch vor Gericht – zu erheben?
Der Oberste Gerichtshof führte dazu bereits im Jahr 1994 aus, dass die Rechtswidrigkeit einer Verletzungshandlung beim Kampfsport (wie z.B. Fußball) erst dann gegeben ist, wenn das Verhalten des Schädigers über einen beim Kampf um den Ball immer wieder vorkommenden typischen Regelverstoß hinausgeht (s 2 Ob 571/94).
Im Jahr 2006 judizierte der Oberste Gerichtshof, dass selbst ein „Hineinrutschen“ mit gestrecktem Bein „in einen Gegner“, um den gegnerischen Spieler vom (kontrollierten) Ball zu trennen, unabhängig von der Wertung als (verbandsinterner) Regelverstoß, noch als spieltypisch und in der Natur dieses Sports gelegen zu bezeichnen ist. Dem Verhalten wird also schlichtweg die Rechtswidrigkeit genommen (s ua 3 Ob 81/06t). Auch stellt ein ungezielter Schlag gegen den am Trikot zerrenden Gegner beim Fußball keine Rechtswidrigkeit dar (s 8 Ob 111/12z).
Übliche leichte Verstöße gegen (verbandsinterne) Regeln, durch die bei Ausübung eines Kampfsportes Körperverletzungen zugefügt werden, sind in der Regel nicht rechtswidrig (s RIS-Justiz RS0022443). Selbst beim Freizeitsport wird ein vom Typ der Sportart und vom Grundkonsens der Beteiligten gedeckter kämpferischer Einsatz hingenommen (s 1 Ob 606/87).
Hinzu kommt, dass üblicherweise die Sportausübenden bewusst und freiwillig an der sportlichen Betätigung (wie z.B. Meisterschaftsspiel) teilgenommen haben und damit das damit notwendigerweise verbundene Risiko der Gefährdung der eigenen körperlichen Unversehrtheit gebilligt haben (s a RIS-Justiz RS0023400).
Bei Kontakt-/Kampfsportarten kommen sich die Teilnehmer:innen notwendigerweise näher, was wiederum zu Gefährdungen und Verletzungen führen kann, welche eben bewusst und freiwillig in Kauf genommen werden. Das allgemeine Interesse an der Sportausübung überwiegt schlichtweg das Interesse der auf eigene Gefahr handelnden Sportausübenden (s 5 Ob 578/87).
Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass man sich bewusst und freiwillig in eine potenzielle Gefahrensituation bringt und diese akzeptiert.
Kommt es hingegen durch das verbandsinterne regelwidrige Verhalten zu einer Vergrößerung des in der Natur der betreffenden Sportart gelegen Risikos, wird die Rechtswidrigkeit zu bejahen sein (s RIS-Justiz RS0023039 T12; 6 Ob 136/19x).
Ob das konkrete Verhalten bzw. der konkrete Unfallhergang über einen immer wieder vorkommenden typischen Regelverstoß hinausgeht, hängt stets nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ab (s RIS-Justiz RS0023023 T12; 6 Ob 169/04b).